Nach der Arbeit
Heute heißen sie ja anders. Senioren. Oder „Best-Ager“. Damals
nannten sie sich Rentner.
1985 bat der Kunststudent Ludwig Rauch alte Leute im
Prenzlauer Berg, sie fotografieren zu dürfen. Gleich dort, auf
der Straße. Er mochte diese freundlichen Wesen, die es nicht
eilig hatten, ihre faltigen Gesichter, und ihre Ausstrahlung,
die auf erstaunliche Weise mit dem Bezirk korrespondierte:
unprätentiös, ein bisschen marode, aber voller Winkel und
voller Geschichten, eher arm, aber auf magische Weise frei.
Sie waren Rohrleger, Putzfrau, Klavierstimmer und
Fischverkäuferin. Und: sie waren stolz.
Der Prenzlauer Berg hat sich verändert und mit ihm seine
Menschen. Die Rentner von damals entstammen einer
untergegangenen Zeit und einem untergegangenen Land. Aber die
Fragen sind die gleichen geblieben: Was ist, wenn das
Arbeitsleben vorbei ist? Was bleibt? Wie wird man in Würde
alt. Und: Worauf ist man stolz?