schwarz-rot-gold

Ludwig Rauch

Schwarz, Rot und Gold sind eigentlich nur Farben, aber für viele eine Nation. Fotografien sind eigentlich nur Bildpunkte, aber für viele ein Abbild der Wirklichkeit. Die Serie Schwarz-Rot-Gold besteht eigentlich nur aus Pigmenten, aber es entsteht ein eigener Kosmos. Fotografie besaß im Gegensatz zur Malerei jahrhundertelang für viele einen Anspruch auf Wahrheit. Sie zeigte, wie etwas gewesen war, und vernachlässigte, wer es so gesehen hatte. An diese Bilder glaubte man. Allmählich erst erlangte der subjektive Blick des Fotografen Bedeutung, erst allmählich wurde die Momentaufnahme zur Kunst. Diese Reise hat in Zeiten digitaler Fotografie und computergestützter Bildbearbeitung eine nie dagewesene Geschwindigkeit erreicht – Fotografie hat keinen Anspruch auf Authentizität mehr, Bilder können lügen – oder mehr: eigene Welten erschaffen, durch den eigenen Blick, den eigenen Verstand, die eigene Seele. Fotografie stellt nicht länger die Frage nach dem was ist, sondern die nach dem, was sein könnte. Die Serie Schwarz-Rot-Gold besteht aus Aufnahmen von Auflösungs- Haftungs- und Ballungsprozessen. Pigmente, Ruß, Blattgold und Tusche wurden in Ölen und anderen Flüssigkeiten gelöst und die verschiedenen unwiederbringlichen Stadien dieser Prozesse mit der Plattenkamera festgehalten. Was geschehen ist, ist geschehen und passiert genau so kein zweites Mal. Bedeutung erlangen die Bildnisse vor allem durch das, was wir darin sehen: einen Kosmos, weit entfernt oder mitten unter uns, geheime Regeln, nach denen sich Pigmente auflösen oder gruppieren und in einem Moment ertappt werden, wo sie sich zu Gestalten zusammenschieben und auf diese Weise werden. Schwarz-Rot-Gold ist entstanden in Deutschland von 2004 bis 2010, in einem Land zwischen Geist und Geld, Abstiegsangst und Aufschwungseuphorie, Fremdenfeindlichkeit und Sommermärchen. Schwarz-Rot-Gold zeigt eine Zwischenwelt voller Hysterie und Frohsinn, voller Zweifel, voller Wunder, die uns ahnen lässt, dass da mehr ist, neben uns, unter uns oder in uns drin, als wir jemals glauben wollten.